Der Beitrag "Vom Missvergnügen, auf Tango-Festivals eine ältere Frau zu sein", den wir in der letzten "TANGO ON AIR"-Sendung und hier im Blog veröffentlicht haben, hat zu einigen Diskussionen geführt. Unser Leser und Zuschauer Malte von Kaisenberg fühlte sich inspiriert, dazu die Glosse "Hilfe, Kavaliere sind wieder gefragt" zu verfassen:
Hilfe, Kavaliere sind wieder gefragt
Sie scheute keine Mühen, kein Geld
Sie reiste durch die halbe Welt
Exklusiv von Tango-Festival zu Tango-Festival
Von Polen bis runter nach Sizilien
Auch zum Tango-Mekka Argentinien
und kommt dann zu dem frustrierenden Schluss
dass sich auf den Milongas für betagte Frauen etwas ändern muss
Da sitzt nun die gut konservierte Weiblichkeit erwartungsvoll an den Tischen
Sie hoffen alle, dass sie telepathisch einen Tänzer erwischen
Eine jede macht sich Sorgen um ihr Outfit und rätselt
"Habe ich mich für den Anlass auch genügend aufgebrezelt?"
Doch die alten Knacker, von jungen ganz zu schweigen
diese möchtegern Macho-Tangueros, diese feigen
kennen mit schicken Seniorinnen kein Erbarmen
bitten in ihrer geschlechtstypischen Arroganz
nur die frischen, appetitlich jungen Dinger zum Tanz
während fortgeschrittene Tangueras verzweifelt signalisieren:
Mann darf uns nicht ignorieren
Meine Herren, nur keine Bange,
wir sind tolle Individuen und nicht von der Stange Auch wenn zur Jugend die Kluft von Jahrzehnten klafft
in den reifen Zitronen ist immer noch Saft
Wir sind im Laufe von vielen, vielen Jahren sehr erfahren
Wir antizipieren was Mann will
Wir lassen uns brav führen und verzeihen still
Wir sind geübt auf dem glatten Parkett
Sind daher geduldig und auch besonders nett
Sind wir Frauen hier im Saal wieder mal in Überzahl
beginnt schon die gnadenlos darwinsche, selektive Qual
Es sind bestimmt gut 30 Prozent Überschuss
und genau der Umstand führt jetzt zum Verdruss
denn es dominiert krass mangelndes Sozialverhalten
gegenüber und aufgeputzten Alten
es ist die uralte, archetypische Leier
der Eingebildeten, überheblichen Tangofreier
Es gilt Angebot und Nachfrage, von wegen!
Ein Tanz mit Mutti wäre nicht Fluch, sondern Segen
Die Kerle nutzen schamlos dieses Prinzip,
das ansonsten dem Kapitalmarkt zu eigen
statt sich mildtätig karitativ als Kavaliere zu zeigen -
Das ist emanzipatorisch zwar echt rückwärts gewandt,
aber in diesem Falle doch für alle voller Sinn
und gäbe richtig betrachtet,
für die bedürftigen tanzlustigen Weiblein einen Gewinn
Eine entsprechend verpflichtende Quote auf der Tanzkarte
schüfe Seelenfrieden in der betroffenen Versorgungssparte
Da hat Frau nun ehrgeizig Karriere gemacht
es zu Anerkennung und sogar Titeln gebracht
und kaum einer will sich in vollen Zügen
mit ihr im Tanz auf der Piste vergnügen
Es ist wirklich zum Jammern:
Obwohl einst wie Flintenweiber gerüstet auf Posten
Kommen die nun gut getarnten Feministinnen nicht auf ihre Kosten
Dieses Spiel kommt eben schliesslich aus dem Rotlichtmilieu
ist nichts mit gendern
also tschüss und adieu
PS: wie lautet eigentlich das weibliche Pendant von Kavalier?
Glosse und Motiv von Malte von Kaisenberg >> zur Homepage
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